Sieg ist Sieg, könnte man meinen. Auch eine Ausbeute von zwei Punkten an einem Abend sind durchaus zu verkraften und das unabhängig vom Gegner. Aber bei den ZSC Lions herrscht dicke Luft nach der Darstellung am Freitagabend. Die Stadtzürcher müssen trotz 4:0-Führung noch in die Verlängerung. Lange ist es her, dass man im Löwenkäfig einen Hauch von Unzufriedenheit bei den Fans spüren konnte. Aber wer will es ihnen verdenken? Der Zett sieht lange Zeit unheimlich gut aus, dominiert das Spiel nach Belieben. Und dann passieren Dinge, die unerklärlich sind. Sven Andrighetto und Derek Grant finden nach dem Spiel auch kaum erklärende Worte, sind jedoch selbstkritisch: «wir waren unkonzentriert und müssen uns arg an der eigenen Nase nehmen», meint die Nummer 10.
Sonnenseiten
Vor dem Anpfiff verschwindet auf dem Medical Report ein gewichtiger Name: Sven Andrighetto. Der Zehner ist heute wieder mit von der Partie und braucht kein Matchmagazin, um «Spieler im Fokus» zu sein. Denn der gut aufgelegte Ghetto reisst mit einem schönen Kabinettstückchen die Swiss Lifa Arena von den Sitzen und trifft herrlich zum 1:0 in der 4. Minute. Es werden später noch zwei Assists dazu kommen. Obwohl die Zürcher klar die bessere Mannschaft sind, gelingt das zweite Tor erst vier Sekunden vor der ersten Pausensirene. Yannick Zehnder erzielt sein erste Saisontor und lässt Benjamin Conz im Ajoie-Tor keine Chance. Danach geht die Post auf dem Eis erst richtig ab. Die Lions ballern 17 Mal aufs Tor und schnüren den HCA regelrecht ein. Einer dieser Versuche geht auf das Konto von Derek Grant, der im Powerplay eines seiner unnachahmlichen Tore erzielt. Der Zett ist somit mit 3:0 auf Kurs. Es ist dann gleich der Kanadier selbst, der im letzten Abschnitt nach fünf Minuten den Score auf 4:0 erhöht. Herrlich wie Kukan den Stürmer auf dem Flügel sieht und dieser mit einem satten One-Timer die Scheibe im Kasten versorgt. Was danach folgt, ist dann eher lauwarme Kost, statt das perfekte Dinner.
Schattenseiten
Beim Lineup fällt auf, dass eine wichtige Figur fehlt: Marc Crawford. Der Coach muss krankheitsbedingt passen für das Spiel gegen Ajoie und so übernehmen die beiden Assistenztrainer Cookson und Schwarz das Zepter. Die sonst schon komische Partie wird durch den Ausfall von Rudolfs Balcers überschattet. Der Lette fällt kurz vor Ende des ersten Abschnitts aus und befindet sich danach im Spital und wird untersucht. Wir drücken die Daumen und wünschen bereits gute Besserung! Wir springen in die 47. Minute, denn ab da verdichten sich die Wolken über der Swiss Life Arena arg für den Zett. Puilly, Devos, Ex-Zürcher Pedretti und Turkulainen treffen in weniger als einer Viertelstunde allesamt und gleichen die Partie aus – der nackte Wahnsinn! Zumindest für die bereits oben ohne feiernden Ajoie-Fans. Der 4:4-Ausgleichstreffer passiert nur 16 Sekunden vor dem Ende in doppelter Überzahl. Baechler sitzt auf der Strafbank und Conz nimmt für einen weiteren Feldspieler Platz auf der Spielerbank. In der Overtime stürmen dann nach einem Wechselfehler zwei Jurassier alleine auf Hrubec zu, doch der Schlussmann pariert mirakulös. Im Gegenzug enteilt Juho Lammikko nur wenig später und lässt die angespannten Zürcher Fans doch noch jubelnd tanzen. Sein Treffer zum 5:4 beendet diesen wilden Abend in der Verlängerung.
(Marko Filipovic)
Fotos: Media Team ZSC Lions, Berend Stettler